Brisantes AUFGESTÖBERT - zum Thema MESSE

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VII/2 - Brisantes AUFGESTÖBERT - zum Thema MESSE

von Isolde » Fr Dez 06, 2019 11:21 pm

Fortsetzung von:
VOM DIENEN IN DER MESSE
Erinnerungen an eine Jugend zwischen Weihrauch und Klingelbeutel

C&W: Der jüngst verstorbene Joachim Kardinal Meisner nannte Ministrantinnen gerne abschätzig "Pullimädchen" - und das noch nachdem Johannes Paul II. Mädchen Anfang der Neunziger willkommen hieß am Altar.

Lechner: Für geweihte Männer war das wirklich ein Problem - kaum vorstellbar heute. Ich erinnere mich, dass mir mal ein Kardinal vor Jahrzehnten sein Leid klagte über die damalige Ministranten-Generation. So ungeschickte seien die Jungs. Ständig würden sie etwas umschmeißen oder fallen lassen, wenn sie nicht gerade selbst fallen, also in Ohnmacht, benebelt vom Weihrauch und mitgenommen vom nächsten Wachstumsschub. Da habe ich dem Mann gesagt, er solle doch Mädchen nehmen. Die seien geschickter und robuster in dem Alter. Das fand der gar nicht witzig.

Hartung: Als ich Ministrant war in den neunziger Jahren, waren die Mädchen bereits in der Mehrheit. Man darf auch die Romanzen nicht unterschätzen, die sich am Altar entwickelten, fortgesetzt auf den Ministranten-Freizeiten...
Natürlich gibt es auch heute noch Gemeinden, in denen Mädchen nicht ministrieren dürfen, weil es der Priester so will. Ich fühle mich immer unbehaglich als Gottesdienstbesucher, wenn nur Männer und Jungs um den Altar stehen. Es widerspricht meinem Verständnis vom Messdienst...
Ministrieren heißt integrieren. In meinen Jahren als Messdiener habe ich mit Gymnasiasten und Hauptschülern, Liberalen und Konservativen, Deutschen und Polen und eben auch Mädchen und Jungs Gottesdienst gefeiert. Wo sonst kommt man heute so früh mit so vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt? Bestimmt nicht beim Hockey oder beim Klavierunterricht!

Lechner: Kirche ist immer Ort der Integration. Das darf man weder romantisieren noch negieren. In meinem Leben bin ich oft umgezogen. In jeder Stadt war meine erste Anlaufstelle die Kirche um die Ecke. Kirche kann tatsächlich und ganz praktisch Heimat sein.

Hartung: Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl. Die Zeit als Ministrant hat mein spirituelles Empfinden sicher tiefer beeinflusst als meine intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Glauben. Im Ritus fühle ich mich noch heute zuhause. Vielleicht habe ich deshalb eine Schwäche für Rituale, fürs Sich-hinein-Versenken ins Immer-Gleiche.

C&W: Das Ministrieren gilt auch als Vorbereitung auf die Weihe. Hand aufs Herz: Wer von euch wollte Priester werden als Kind?

Lechner: ...Das Knabenseminar galt in den sechziger Jahren als Anwärmzeit fürs Priesterseminar...
Es ist tragisch: Viele fühlen sich berufen, Gott zu dienen, gehen aber wegen des Zölibats der Kirche irgendwann abhanden. Im Knabenseminar galten wir als Zukunft der Kirche. Doch wisst ihr, wie diese Zukunft aussah? Keiner aus meiner Maturaklasse ist Priester geworden.

Schirmer: Denkt ihr, wir wären gute Priester geworden?

Lechner: Keine Ahnung. Letztlich hat sich alles auch so gut gefügt.
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil sind viele in dem Glauben Priester geworden, dass die Abschaffung des Zölibats unmittelbar bevorsteht. Jetzt, gut 50 Jahre später, gibt es den Zölibat noch immer, und die Priester, die damals sein Ende herbeizubeten versuchten, sind entweder längst laisiert oder verbittert.

C&W: ...Wie kann man aufschauen zu jemanden, mit dem man Mitgefühl hat?

Hartung: Ich weiß gar nicht, ob ich das tue.

Schirmer: Was denn? Aufschauen oder Mitgefühl haben?

Hartung: Aufschauen vor allem. Die Zeit als Messdiener hat mein Verhältnis zur Autorität geprägt, nur anders, als man es von außen gerne vermutet. Da sieht man nur, wie der Ministrant dem Priester zuarbeitet, wie er sich unterordnet. Doch dabei wird gerne übersehen, dass ein Messdiener einen Blick hinter die Kulissen wirft. Er sieht, wenn der Priester keine Lust hat oder schlechte Laune, wenn er routiniert sein Programm abspult oder mit dem Herzen ganz dabei ist. Wir haben damals öfter die Predigten mit der Stoppuhr unter dem Gewand gemessen. Das macht man nicht, wenn man zu jemanden aufschaut. Das entzaubert auch den Nimbus einer Institution, die Generationen vor uns noch nicht hinterfragt haben.

C&W: Aber den Ritus findest du trotzdem noch gut.

Hartung: Ich habe ja nicht meinen Glauben verloren, im Gegenteil. Ich glaube halt mit offenen Augen.

C&W: Habt ihr euren Priester geduzt?

Schirmer: Bei einem Pastoralreferenten durften wir das. Beim Priester nicht.

Lechner: Das war völlig undenkbar in den sechziger Jahren in Tirol... der Priester war eindeutig Respektperson. Damals spielte Hierarchie noch eine wesentlich größere Rolle als heute.

Situation der Ministranten 2017 in Deutschland
ca. 360.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene (2009: 436.228)
34% sind zwischen zehn und zwölf Jahre alt,
ca. 53% beträgt Anteil der Mädchen und Frauen.
Situation der Ministranten 2014 in Österreich
45.000 Ministranten davon 10.000 in Wien
ca. 54% weiblich (seit 1994 offiziell zugelassen)

VII/1 - Brisantes AUFGESTÖBERT - zum Thema MESSE

von Isolde » Fr Nov 29, 2019 1:08 pm

VOM DIENEN IN DER MESSE
Erinnerungen an eine Jugend zwischen Weihrauch und Klingelbeutel


Immer weniger Kinder wollen Messdiener werden. Da entgeht ihnen etwas, glauben die ZEIT-Redakteure -
Stefan Schirmer (geb.1974, war Messdiener in Bad Sobernheim/Rheinland-Pfalz, arbeitet im ZEIT-Hauptstadtbüro)
Manuel J. Hartung (geb.1981, war Messdiener in Kassel, leitet ZEIT-Ressort Chancen)
Wolfgang Lechner (geb.1953, war Ministrant in Schwaz/Tirol, Stellvertretender Chef vom Dienst)

Die Fragen stellte Raoul Löbbert, Redaktionsleiter von Christ&Welt
Aufgelesen in "Christ&Welt" Wochenzeitung für Glaube, Geist, Gesellschaft, Nr. 41/05. Oktober 2017

Christ&Welt:
Manuel Schächter, der frühere ZDF-Intendant hat ein Buch über ehemalige Messdiener wie euch geschrieben. Wer als Kind das Weihrauchfässchen schwenkte, so seine These, ist prädestiniert zum Showstar oder Meinungsführer -
Reinhold Beckmann, Thomas Gottschalk, Markus Lanz, Hape Kerkeling, Günther Jauch, Alfred Biolek... alle ehemalige Messdiener, und die Liste ist noch länger.


Hartung: Ich denke schon, dass wir als Messdiener besser auf ein öffentliches Leben vorbereitet wurden als andere. Messdiener führen ein Leben unter Beobachtung, und zwar schon als Kinder, mit neun oder zehn Jahren. Als Neuling musste man in der Sonntagsfrühmesse um 8 Uhr vor die Gemeinde treten, auch wenn man todmüde war und sich am liebsten im Bett nochmal umgedreht hätte. Das schafft man nur, wenn man die Blicke der anderen aushalten lernt. Für Journalisten ist das Arbeitsvoraussetzung.
Es braucht Selbstbewusstsein, Mut auch bisweilen. Wann sonst richten sich Hunderte Augen auf ein Kind? Als Messdiener darfst du auch keine Angst davor haben, dir die Finger zu verbrennen, wenn du das Weihrauchfass schwenkst. Du musst die Kette direkt über dem Fässchen anfassen, einen halben Zentimeter tiefer ist es heiß und tut weh - höher anfassen geht auch nicht.

Lechner: Sonst baumelt es herum. Ich zucke innerlich immer zusammen, wenn ich das sehen muss.

Schirmer: Klingt so, als würdet ihr Haltungsnoten im Gottesdienst vergeben.

Hartung: Natürlich. Schreckliche Eigenschaft. Genauso schrecklich ist aber zu sehen, wie schlecht viele Messdiener heute ausgebildet sind. Das ist kein Kulturpessimismus: Wir haben den großen Einzug noch dreimal geübt, bevor wir mit 25 Messdienern bei einem Festhochamt in die Kirche gegangen sind. Heute wackeln oft fünf Leutchen mehr oder weniger unkoordiniert herum...

Schirmer: Es gibt einen einfachen Grund, warum so viele Messdiener heute in den Medien zu finden sind: Sie sind überall. Das Ministrieren gehörte einfach zu einer guten katholischen Sozialisation in einer bestimmten Zeit zwingend mit dazu. So wie die Kommunion, der Kindergarten, die Firmung.

Hartung: Das gilt aber nur, wenn man auf dem Land und in einer katholischen Kernregion aufgewachsen ist.

Schirmer:...ich bin gut katholisch aufgewachsen, in einer Bauern- und Winzerfamilie. 1983 habe ich angefangen zu ministrieren. So wie später meine Schwester und viele in meinem Erstkommunionsjahrgang.
Ich habe mich nie näher gefragt, warum ich das mache. Es war keine bewusste Entscheidung, sondern das normalste der Welt.

Lechner: Ich komme aus dem heiligen Land Tirol. Da gehört der Katholizismus zum Brauchtum. Atheisten gab es in meiner Jugend nicht, und Protestanten waren wie Einhörner und Drachen: Jeder hatte von ihnen gehört, aber kaum einer hatte je einen gesehen.
Als Kinder spielten wir Kirche. Wir hatten unsere eigenen Messgewänder und einen Spielaltar mit Säulen aus falschem Marmor, den hat mein Großvater gemacht. Er war der Einzige von drei Brüdern, der nicht Priester wurde. So war das damals in Tirol.

Hartung: Wann war das?

Lechner: Vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil, in einem Land vor eurer Zeit.
Mitte der sechziger Jahre war ich auf dem Knabenseminar der Diözese Innsbruck. Mein Religionslehrer war der Sekretär des Bischofs. Mit diesem fuhr er immer nach Rom zu den Konzilssitzungen. Später erzählte er uns dann davon. Er war begeistert wie ein kleines Kind. Es war eine aufregende Zeit. Wir träumten von Veränderung und Neuanfang. Alles schien möglich, die Freiheit war zum Greifen nah. Diese Zeit, diese Euphorie haben mein Verhältnis zu Glauben und Kirche geprägt. Bis heute.

C&W: Das klingt, als sei es vorher die Hölle gewesen?

Lechner: Das nicht. Aber vieles, was uns heute selbstverständlich erscheint, war damals revolutionär. Nehmen wir den Gottesdienst, Gemeinde und Priester feiern heute selbstverständlich zusammen. Das gab es vor dem Vatikanum nicht. Da feierte jeder Priester am Seitenaltar seine eigene Messe. Da war alles auf Latein, und die Gemeinde sah nur den Rücken des Priesters. Außer Amen hatte das Volk kaum was zu sagen.

Schirmer: Und nach dem Vatikanum? Da bin ich neugierig: Gab es einen Stichtag, an dem sich die Priester um den Altar versammeln und kollektiv umdrehen mussten?

Lechner: Den gab es. Von heute auf morgen machte man plötzlich (weltweit!) Dinge anders, deren Abläufe vorher wie in Stein gemeißelt schienen. Einfach so.

C&W: Vermisst du die alte Messe?

Lechner: Die Feierlichkeit eines alten Hochamts vermisse ich hin und wieder, das Verbindende.
Vor einigen Jahren war ich in Polen, um eine Geschichte über den Katholizismus dort zu machen. Und ich kann kein Polnisch. Als der Pfarrer beim Kommunionausteilen zu mir kam, sagte er eigens für mich auf Lateinisch "Corpus Christi". Da fühlte ich mich irgendwie geborgen.

Hartung: Für mich bedeutet mein Glaube ebenfalls Heimat, ja Geborgenheit. Trotzdem kann ich mich als Reformkatholik ohne Tiroler Migrationshintergrund an die polnische Volksfrömmigkeit nur schwer gewöhnen.
Ich stamme aus einer katholischen Diasporagemeinde im protestantischen Kassel. Dort sah man die große integrative Kraft einer Volkskirche: Die Gemeinde war eine Mischung aus liberalen Zugezogenen und frommen Spätaussiedlern. Die Gottesdienste dauerten oft 70 Minuten, so ist das in der Diaspora.
Das hat immer wieder zu Spannungen geführt - viele Spätaussiedler kamen nach der Predigt und gingen nach der Kommunion. Und dass in Deutschland etwa auch Mädchen ministrieren, war für viele, die Anfang der 1990er Jahre aus Schlesien gekommen waren, gewöhnungsbedürftig.

C&W: Für viele Bischöfe auch. Der jüngst verstorbene Joachim Kardinal Meisner nannte Ministrantinnen gerne abschätzig "Pullimädchen" - und das noch nachdem Johannes Paul II. Mädchen Anfang der Neunziger willkommen hieß am Altar.

Fortsetzung folgt.

VI/5 Brisantes AUFGESTÖBERT - zum Thema MESSE

von Dietmar » Fr Nov 15, 2019 2:43 pm

Priester sollen gegen Osten zelebrieren und sich von der Gemeinde abwenden wie vor dem Zweiten Vatikanum. Das hat Kurienkardinal Robert Sarah vorgeschlagen. Klingt traditionalistisch, dient aber der sakralen Schönheit.
von Christina Rietz
Christina Rietz greift im Blick auf eine würdige Messliturgie eine interessante Frage auf, die Robert Kardinal Sarah, Leiter der vatikanischen Gottesdienstkongregation, angestoßen hat (Zelebration ad orientem). Die Fragestellung ist insofern reizvoll, weil sie sich den Kategorien "konservativ" oder "fortschrittlich" entzieht. Von daher ist das überraschend schnelle Dementi aus dem Vatikan nicht ganz nachzuvollziehen.
Fragen lässt sich durchaus, ob der Priester am Altar nur als "Gesandter" Gottes und der Kirche, der sich in der Rolle dem Volk Gottes zuzuwenden hat, oder nicht auch als Beauftragter und Sprecher der Gemeinde auf Gott hin zu verstehen ist. Da er wohl in gewisser Weise beides gleichzeitig darstellt, scheint mir der Vorschlag der Wendung zum Kreuz in bestimmten Phasen des "Ordo Missae", etwa dem Schuldbekenntnis, dem Gloria oder gar dem Hochgebet, durchaus bedenkenswert.
Letztlich praktiziert ja eine solche Haltung in ähnlicher Weise auch der protestantische Geistliche, wenn er auf der Gemeindeseite stehend sich je nachdem dem Kreuz oder den Gläubigen zuwendet.
Als so abstrus erweist sich diese Überlegung von Robert Kardinal Sarah also gar nicht, und ihre Realisierung würde vielleicht sogar einen kleinen, bescheidenen ökumenischen Schritt darstellen.

VI/5 - Brisantes AUFGESTÖBERT - zum Thema MESSE

von Brigitte » Di Nov 12, 2019 12:53 pm

Priester sollen gegen Osten zelebrieren und sich von der Gemeinde abwenden wie vor dem Zweiten Vatikanum. Das hat Kurienkardinal Robert Sarah vorgeschlagen. Klingt traditionalistisch, dient aber der sakralen Schönheit.
von Christina Rietz
Quo vadis, Christ & Welt, dass so ein rückwärtsgewandter Artikel auf der Titelseite steht? Der Verfasserin Christina Rietz möchte ich gerne das Buch des Jesuiten Roger Lenaers "Der Traum des Königs Nebukadnezar" empfehlen, der unter anderem mit dem Unsinn des Opfers in der Messe Schluss macht. Ausschließlich Jesus hat mit seinem Opfertod am Kreuz dieses Opfer vollzogen. In der Messfeier wird kein Opfer vollzogen. Ebensowenig möchte ich jeden Sonntag, auch nicht, wenn der Priester mit dem Rücken zu mir steht, meine übergroße Schuld bekennen. Die lade ich nicht wöchentlich auf mich. Auch wenn ich mir dessen bewusst bin, dass wir alle Sünder sind.

Mit einer gewissen Erheiterung stelle ich mir die Choreografie am Altar vor, wenn der Priester seine Position am Altar immer wieder verändert. Der Würde des Gottesdienstes dient es kaum.
Mein Vorschlag: Wer vorkonziliare Gottesdienste liebt, es gibt sie noch, der kann sie gerne besuchen, uns aber lasst mitfeiern, dem Priester ins Gesicht schauen und eine Gemeinschaft bilden.

VI/4 - Brisantes AUFGESTÖBERT - zum Thema MESSE

von Astrid » So Nov 10, 2019 1:26 pm

Priester sollen gegen Osten zelebrieren und sich von der Gemeinde abwenden wie vor dem Zweiten Vatikanum. Das hat Kurienkardinal Robert Sarah vorgeschlagen. Klingt traditionalistisch, dient aber der sakralen Schönheit.
von Christina Rietz
Wenn ich in eine Kirche in der Bereitschaft zur Mitfeier des Gottesdienstes betrete, verlasse ich nicht "das Reich des Alltäglichen", sondern ich bringe es ganz bewusst mit hinein. Ich tue dies im Vertrauen auf Jesu Wort: "Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid." Und ich bringe auch meine ganz alltägliche Freude mit darüber, dass die Sonne scheint, dass meine Kinder zu Besuch kommen, dass ich eine schöne Reise vor mir habe ...
Ich muss an der Kirchentür keine andere werden. Ich weiß mich von Gott willkommen geheißen, er bietet mir sein Wort zur Unterstützung und zum Wachsen meines Glaubens und meiner Verantwortung als Christin an, ebenso seine Barmherzigkeit, weil mir so vieles nicht gelingt.

Auch weiß ich mich eingeladen an den Tisch des Abendmahls Jesu. Ich bin eingeladen, gemeinsam mit seinen Jüngerinnen und Jüngern das Brot zu empfangen, von dem ich glaube, dass es Jesus selber ist. Die Eucharistiefeier hält meine Erinnerung an Jesu Tod und Auferstehung lebendig. Sie lässt mich hoffen in mach hoffnungsloser Zeit.
Es ist meine feste Überzeugung, dass es uns guttut, in der Tradition Jesu zu bleiben und uns bei diesem Erinnern und Feiern gegenseitig wahrzunehmen, so wie auch Jesus die, die um ihn waren, wahrgenommen hat.

Wenn der Priester am Altar das tut, was Jesus im Abendmahlsaal tat, warum sollte er sich dann - anders als Jesus - von den Menschen, für die er das Brot bricht, abwenden?
Ich bin mit Christina Rietz einer Meinung, dass sich die Eucharistiefeier von einem Abendessen unterscheiden sollte. Aber meinem Glauben nutzt keine "dramatische Symbolik", keine "ästhetische Verstärkung erhabener Momente".

Gerne lasse ich mich ergreifen von einem ansprechend gestalteten Gottesdienst, wenn er mir hilft, zu erfahren, dass Jesus mitten unter uns ist und mit uns auf dem Weg bleibt.

Meinem Glauben und dem Auftrag, ihn im Leben umzusetzen, hilft keine "Exklusivität" (das mag bei anderen Gläubigen anders sein). Wichtiger als eine "äußere Drehung als Ausdruck einer inneren Haltung" während der Messe ist mit eine innere Haltung, die mir hilft, mich nach Verlassen des Kirchenraumes zu denen hin zu drehen, die er oder das Leben mir über den Weg schickt.

VI/3 - Brisantes AUFGESTÖBERT - zum Thema MESSE

von Willibert » Sa Nov 09, 2019 2:12 pm

Priester sollen gegen Osten zelebrieren und sich von der Gemeinde abwenden wie vor dem Zweiten Vatikanum. Das hat Kurienkardinal Robert Sarah vorgeschlagen. Klingt traditionalistisch, dient aber der sakralen Schönheit.
von Christina Rietz
Das Reiz-Thema zum Rietz-Thema gemacht. Und wie ich finde: Besser geht's nicht. Natürlich nur, wenn man der Meinung der Kolumnistin ist. Und das bin ich hundertprozentig!

Oft ist ein unvoreingenommener Blick hilfreich - so von meinem Freund, dem Kabarettisten Jürgen Becker, kirchlicher Bindung und Lagerhaltung vollkommen unverdächtig. Er sagte zu mir: "Wenn ich dem Priester in der aktuellen Liturgie zuschaue, werde ich immer an einen Fernsehkoch erinnert." Da is wat dran!
Ich stimme deshalb dem Vorschlag von Christina Rietz zu, eine unverkrampfte unideologische Diskussion zu einer klugen "Mischform" anzustreben.

VI/2 - Brisantes AUFGESTÖBERT - zum Thema MESSE

von Markus » Di Nov 05, 2019 7:15 pm

Priester sollen gegen Osten zelebrieren und sich von der Gemeinde abwenden wie vor dem Zweiten Vatikanum. Das hat Kurienkardinal Robert Sarah vorgeschlagen. Klingt traditionalistisch, dient aber der sakralen Schönheit.
von Christina Rietz
Mich verbindet mit der Autorin wohl der Wunsch nach einem Gottesdienst, der sich vom Alltäglichen unterscheidet und der mich dem Göttlichen begegnen lässt. Auch ich liebe die Gesänge, das Läuten der Glocken, den Geruch des Weihrauchs, einen Gottesdienst, der die "Herzen erhebt" und der mich im Innersten berührt - auch mit seiner Schönheit.
Und doch weist der Text in eine - in meinen Augen - falsche Richtung. Oder habe ich nur die Ironie nicht verstanden in der Formulierung "Klingt traditionalistisch, dient aber der sakralen Schönheit"? Sicher würde es auch der sakralen Schönheit nützen, wenn man in der Zukunft die Priester nach ganz anderen Maßstäben als bisher auf ihre Befähigung prüfen würde? Leider bleibt auch der Satz von Robert Sarah, dem Kurienkardinal, unwidersprochen, in der Messe gehe es nicht "um dich und mich".

Doch, sage ich, es geht gerade um dich und mich. Nicht, um uns selbst zu feiern, sondern weil Gott sich dir und mir zuwendet. Warum fehlt in diesem Text über die heilige Messe das Wort "Mahlfeier"? Warum ist ständig von "Opfer" die Rede?
Jesus opfert sich für mich, um mich von meinen Sünden zu erlösen? Nein, ich glaube nicht an einen Gott, der solche Opfer braucht. Aber ich glaube an einen Gott, der sich den Menschen zuwendet und mir gerade im Alltäglichen begegnet, in meinem Nächsten, in Brot und Wein, und der bereit ist, aus Liebe bis in den Tod gehen. Und darum sollte sich der Priester gerade beim Hochgebet den Menschen zu- und sich nicht von ihnen abwenden.
Und er kann sich zum Schuldbekenntnis und zum Credo gemeinsam mit der Gemeinde zum Altar wenden.

VI/1 - Brisantes AUFGESTÖBERT - zum Thema MESSE

von Isolde » Do Okt 31, 2019 12:57 am

SCHAU MIR NICHT IN DIE AUGEN - Der Ad-orientem-Vorschlag

Aufgelesen in "Christ & Welt" Wochenzeitung für Glaube, Geist, Gesellschaft, Nr. 30 - 14. Juli 2016:

Priester sollen gegen Osten zelebrieren und sich von der Gemeinde abwenden wie vor dem Zweiten Vatikanum. Das hat Kurienkardinal Robert Sarah vorgeschlagen. Klingt traditionalistisch, dient aber der sakralen Schönheit.
von Christina Rietz

"...Seit der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils blicken Priester den Gottesdienstbesuchern während der Messe in die Augen, anstatt ihnen, wie in den Jahrhunderten zuvor, den Rücken zuzudrehen.
Genau diese Position möchte der Chef der Gottesdienstkongregation im Vatikan, Kardinal Robert Sarah, wieder einführen. Priester und Gemeinde sollten sich gemeinsam "auf den ankommenden Herrn hin" ausrichten, denn um den gehe es in der Messe, nicht "um dich und mich".
Die Zelebrationsrichtung "zum Volk hin" infrage zu stellen ist eine geächtete Position. Sie gilt als erzkonservativ, mittelalterlich, respektlos, als Leitsymptom einer elitär-exklusiven Haltung, die Gottesdienstbesucher herabwürdigt, anstatt sie am Messgeschehen teilhaben zu lassen.

Die katholische Messe aber bezieht ihre unwiderstehliche Schönheit aus einer dramatischen Symbolik, aus einer sakralen Choreografie, in die sich der Blick gen Osten wunderbar einfügen würde.
Was ist im Osten?
Architektonisch: in den meisten Kirchen die Apsis mit Hochaltar, Kruzifix und Tabernakel.
Geografisch: der Ort der aufgehenden Sonne.
Metaphorisch: das Licht der Welt, die Auferstehung, das Ziel aller Messopfer und Gebete.

...Im Alltag werden wir immer von Menschen angeschaut, wenn sie uns etwas mitteilen wollen. Doch das Reich des Alltäglichen endet an der Kirchentür. Dahinter gelten andere Gesetze. Die Messe ist ein sakrales Ritual, das sich seinem Wesen nach von profanen Vorgängen unterscheiden muss. Die Eucharistie ist kein Abendessen, deshalb darf sie auch nach anderen Codes funktionieren.

...In Messen wird gesungen, gekniet, Hände werden zum Himmel gehoben, man bekreuzigt sich, Schellen erklingen, Glocken läuten, Weihrauchfässer werden nach genau festgelegten Regeln geschwenkt. All diese Zeichen sind im Laufe der Zeit mit Bedeutung aufgeladen worden. Die Idee der neuerlichen Ostdrehung ist an sich ideologisch aber unschuldig.

Die Liturgie nicht mehr reformieren zu wollen ist ein Wesensmerkmal der Traditionalisten, die gern von der "Messe aller Zeiten" sprechen.
Auf eine ähnliche Position zöge sich die gemäßigte katholische Mitte zurück, ließe sie nicht mal eine Debatte über den Ad-orientem-Stil zu. Nicht nur Sarah dürfte daran gelegen sein, die Messe besser zu machen.
Umso überraschender die jüngsten Dementis aus dem Vatikan: Sarah habe nur seine Privatmeinung geäußert, Franziskus werde keine neue Regeln zur Zelebrationsrichtung erlassen.
Sie scheint ein Thema zu sein, in dessen Nähe der Papst nicht gesehen werden will.

Der Kölner Erzbischof und spätere Konzilsvater Josef Kardinal Frings schrieb 1956: "Es entspricht unserer visuell eingestellten Zeit, dass die Gläubigen heute sehen wollen, was am Altar geschieht."
60 Jahre später, in einer noch viel visueller eingestellten Zeit, schadet es nicht, das Geschehen am Altar einige Momente lang den Blicken zu entziehen. Das steigert seine Exklusivität.

Man kommt nicht zum Gottesdienst zusammen, um sich tief in die Augen zu schauen. Man kommt auch nicht, um stummer Zeuge eines entrückten Geschehens zu werden. Über die sogenannte stille Messe, bei der Priester Texte irgendwo zwischen Flüstern und Nuscheln auf Latein vortragen, dabei den Gläubigen selbstverständlich den Rücken zudrehend, ist die Zeit längst hinweg.
Robert Sarah hat kürzlich vorgeschlagen, wann es sinnvoll sein könnte, dass der Priester sich gemeinsam mit der Gemeinde dem Kreuz zuwendet:
zum Schuldbekenntnis, zum Gloria und besonders zum zentralsten Messgeschehen, dem Hochgebet.
Dann wäre die äußere Drehung Ausdruck einer inneren Haltung. Man richtet sich einem Gegenüber aus, das man nicht sieht, am Adressaten des gesamten Geschehens. Gemeinsam mit dem Zelebranten. Der Priester würde der Gemeinde dabei den Rücken zuwenden. Rückwärtsgewandt wäre das nicht."

Am meisten trifft mich die Aussage "denn um den (den ankommenden Herrn) gehe es in der Messe, nicht um dich und mich".

III/3 - Brisantes AUFGESTÖBERT - zum Thema MESSE

von Isolde » Sa Okt 12, 2019 3:54 pm

GEHEN ODER BLEIBEN?

Aufgelesen in "Christ & Welt" Wochenzeitung für Glaube, Geist, Gesellschaft, Nr. 33 - 08. August 2019:

Tom Kroll
Der Rückkehrer

Als Kind ging der Vater unseres Autors in die Kirche.
Als Erwachsener blieb er ihr fern. Fast 45 Jahre lang. Nun geht er wieder hin. Warum?

"In letzter Zeit verdichten sich die Hinweise, dass sich etwas im Leben meines Vaters verändert hat. Zuerst waren da die kryptischen Bemerkungen am Telefon. Er habe mitgeholfen, Äste und Laub auf dem Friedhof zusammenzutragen. Oder, dass er jetzt sonntags etwas vorhabe.
Als wir uns das letzte Mal sahen, es war Weihnachten, sagte er: "Ich gehe wieder in die Kirche." Ich fand diesen Satz bemerkenswert, gerade in einer Zeit, in der immer mehr und mehr Menschen aus der Kirche austreten, Kirchen zu Veranstaltungsorten umgewandelt oder manchmal ganz dem Erdboden gleichgemacht werden.
…und noch etwas spricht gegen die plötzliche Kirchgängerschaft meines Vaters (65 Jahre): Er war nie religiös, jedenfalls nicht, dass ich mich erinnern könnte. Nie waren wir Weihnachten gemeinsam in der Kirche...

Nun will ich wissen, was sich bei ihm verändert hat. Was ihn zu einem disziplinierten Kirchgänger gemacht hat. Dazu haben wir uns verabredet. Da, wo er nun einige seiner Sonntagmorgen verbringt, in der Dorfkirche von Kirch Rosin, im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, einem Dorf von 1100 Einwohnern...
Die kleine Kirche, 700 Jahre altes Gemäuer schmucklos, aus rotem Backstein gemauert, kalt, die Wände gelb gestrichen und von der Wand schaut Moses in Terrakottafarbe auf die Gläubigen herab.
In der Kirche sind außer uns neun andere Menschen. Vor allem ältere. Vor mir sitzt ein Mann mit einem Hörgerät, daneben eine Frau, die immer wieder einschlafen wird. Plötzlich geht die schwere Kirchentür auf und eine Wandertruppe, lauter junge Menschen mit Rucksäcken tritt herein. "Gar nicht repräsentativ heute", grummelt mein Vater...
Der Pastor schaut noch einmal in die Runde, er lächelt. Dann beginnt er seine Predigt mit den Worten: "Immer und immer wieder im Kreis, die richtige Ausfahrt verpasst"...

Damals in Gelsenkirchen, Ende der Fünfzigerjahre als die gesamte Ruhrregion noch rußverhangen und die weiße Wäsche, die draußen zum Trocknen hing, schwarz wurde, schickten seine Eltern ihn jeden Sonntag um acht Uhr in den Kindergottesdienst. Die Bibelgeschichten waren für meinen Vater eine willkommene Abwechslung vom Alltag in der Enge. Die Kirche wurde ein Ort der Zuflucht. Eine Zuflucht mit tollen Geschichten...

Es waren die späten Sechziger, als er das Buch "Der Christ als Rebell" des Theologen und Harvard-Professors Harvey Cox las. "Che Guevara war ja damals ziemlich in", sagte er mir am Telefon, "aber ich fand Jesus viel revolutionärer." Heute ist er wieder begeistert von seinen alten Gedanken, doch damals ging der "Schub" seiner Teenagerzeit vorbei. Andere Dinge, das "Erwachsenenleben" wurde wichtiger.
Und irgendwann zwischen seiner Zeit als Offizier bei der Bundeswehr und dem Jurastudium habe er dann angefangen, seinem Glauben zu misstrauen…

Nach dem Lied setzt der Pastor seine Rede fort. Auf die Kanzel steigt er nicht. Pastor Görlich ist ein Mann, der ebenerdig zu seiner Gemeinde spricht. Mein Vater mag das. Und nicht nur das. Mein Vater mag die lebendige Sprache des Pastors. Das rege seine Fantasie an, und er könne im Gottesdienst abschalten. "Die Vogelperspektive einnehmen ", sagt er. Und manche Predigten berühren ihn...
In Kirch Rosin neigt sich der Gottesdienst dem Ende entgegen. Wir stehen auf. Mein Vater faltet die Hände. Er hält seine Augen geschlossen. Wir beten das Vaterunser. Minuten später treten wir in den Sonnenschein. Zünden uns jeder eine Zigarette an. Rauchend laufen wir am Friedhof entlang. "Und, war doch schön?", fragt mich mein Vater, ich antworte nicht...

Gestern am Telefon sagte er:" Im Alter können drei Dinge mit dir passieren. Entweder du verblödest, du gehst deinen Weg weiter und bekommst einen Herzinfarkt, oder du wirst nachdenklich." Mein Vater bekam Krebs und dachte nach.
Er sagte, der Krankenhausaufenthalt war das letzte Mosaiksteinchen auf dem Weg in ein langsameres Leben. Vorher war da der Tod eines Bekannten, die Pleite von Freunden. Und die Gespräche mit Mandanten, deren Kinder im Knast saßen. Doch erst im Krankenhaus kam dieser Moment. Ein tiefes Gefühl sei da gewesen, sagt mein Vater. Ein Aha-Erlebnis. Danach habe er alles langsamer gemacht...
Und es war an einem Sonntag, vor etwa zwei Jahren. Mein Vater erzählt, er sei frühmorgens wach geworden. Und da sei ihm die Idee gekommen. Warum nicht, dachte er sich. "Eine Schnapsidee, aber eine glückliche", sagte er am Telefon. Und dann in der Kirche, da fand er, was er gesucht hatte. Gleichgesinnte. Menschen, die das Immaterielle im Leben suchen...
Doch er freut sich nicht nur über die Menschen, die er dort kennenlernte. Sondern auch darüber, dass er sich nun häufiger Gedanken zu Gott machte. Auf die Frage: "Was ist Gott für dich?", antwortete er: "Gott hat für mich keinen Aggregatzustand", ist also weder fest noch flüssig, noch gasförmig. Gott sei für ihn eine Kraft, die in allem steckt. Als Kind lockten ihn die Geschichten, als Jugendlicher war er von Jesus begeistert, als junger Erwachsener hat er in der Idee des Protestantismus Halt gefunden. Wenn er heute sagt: Gott ist in allem, dann denke ich darüber nach, dass Gott auch in ihm ist, wenn er einmal wieder zu Staub wird."

Dieser Text ist entstanden in Kooperation mit "bref", dem Schweizer Magazin der Reformierten.

V/1 - Brisantes AUFGESTÖBERT - zum Thema MESSE

von Isolde » So Sep 22, 2019 7:08 pm

Aufgelesen in "Christ & Welt" Wochenzeitung für Glaube, Geist, Gesellschaft, Nr. 39 - 19. September 2019:

Erik Flügge
Es geht auch ohne Euch!
Was tun, wenn Eltern nicht in die Kirche wollen

Wie sind wir denn in der Kirche gelandet? Irgendwann nahm uns unsere Mutter oder unser Vater an die Hand und mit in den Gottesdienst...in fast jedem Fall, wir wurden einfach mitgebracht.
Ich nenne diesen Vorgang "den Glauben vererben". Selbstverständlich besteht auch beim Vererben des Glaubens wie bei jedem Erbe das Risiko, dass die Generation, die nachfolgt, das Erbe ausschlägt. Aber es besteht eben auch die Chance, dass es angenommen wird.

Anders als bei Immobilien, Firmen oder Wertgegenständen reicht es beim Vererben des Glaubens leider nicht, einfach nur ein Testament zu schreiben. Man muss zu Lebzeiten eine Übergabe organisieren und die eigenen Kinder mit in die Kirche nehmen. Und genau hier liegt der Hund für uns begraben. Die allermeisten Eltern, die ihre Kinder taufen lassen, kommen nicht mit ihnen in die Kirche...

Wir könnten mal wieder verzweifelt versuchen, unser Angebot in den Kirchen aufzupeppen. Wir könnten mal wieder versuchen, irgendeinen Trend bemüht zu kopieren. Aber eines würde sich wie schon all die letzten Jahrzehnte nicht ändern: Die meisten Eltern kommen selbst nicht und bringen deshalb ihre Kinder auch nicht mit...

So können wir schlicht für die Zukunft erahnen, wie es weitergeht mit dem Christentum. Wenige Eltern bringen ihre Kinder mit, ein Teil wird das Erbe ausschlagen und der Rest bringt dann wieder zum Teil seine Kinder mit. Eine Spirale, die uns immer kleiner werden lässt.

Dabei wissen wir doch, was uns fehlt: Ein Mensch, der ein Kind mit in die Kirche bringt. Wenn die Eltern diese Rolle nicht mehr wahrnehmen, dann ist es an uns, sie zu ersetzen...

Wir brauchen Lotsen, die getaufte Kinder sonntags abholen, ohne dass die Eltern kommen müssen.
Genau wie Kindergärten oder Grundschulen könnten wir Treff- und Sammelpunkte in den Siedlungen bilden, an denen man seine Kinder abliefern kann, damit sie mit anderen Kirchengängern in die Kirche gehen und sicher wieder zurückkommen. So müssen die Eltern selber nicht mit.

Denn nichts hält Kinder mehr vom Glauben ab als Eltern, die sonntags keine Lust auf eine Messe haben.

Erik Flügge (32) ist katholisch, Bestsellerautor und politischer Berater. Hier beschreibt er seine Kirche von außen.

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