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von Origines » Mo Feb 17, 2020 9:46 pm
DANKE ST. NIKOLAUS! DIE MESSE LEBT!
Zugegeben, die Messe war für mich so gut wie abgehakt, auch wenn ich mich selbst unabhängig davon als einen überzeugten Katholiken betrachte. Sie war für mich schon lange Zeit nicht mehr „erhebend“ (ich meine dieses Wort sehr ernst, also ganz wörtlich: heraushebend aus der abstumpfenden, alltäglichen Verankerung!) - und damit auch keine „Quelle des Lebens“ und schon gar kein „Höhepunkt meines Glaubens“ mehr.
Das hat sich seit gestern radikal geändert. Gott sei Dank konnte ich meine ursprüngliche Skepsis überwinden und bin dem medialen Aufruf nachgekommen, am Sonntag, den 16. Februar um 11 Uhr in der Innsbrucker Nikolauskirche einer „himmlischen Messe für das abhandengekommene Gottesvolk“ beizuwohnen. Ja, auch ich zähle mich wie viele viele in meinem Bekanntenkreis zum „abhandengekommenen Gottesvolk.“ Wenn ich richtig informiert bin, soll inzwischen der Großteil der europäischen Christenheit zum „abhandengekommenen Gottesvolk“ zählen, also jene, die Gottesdienstbesuche meiden.
Seit gestern ist alles anders. Alle meine Erwartungen wurden bei Weitem übertroffen. Eine rammelvolle Kirche. Es begann schon damit, dass bereits ab 10:30 die „Magie des St. Nikolauser Glockengeläutes“ die in Scharen über den Inn-Steg herbeiströmenden Menschen wohlwollend in Empfang nahm. Mit einigen wuchtigen, in die Glieder fahrenden Hammerschlägen auf das geschlossene Haupttor der Kirche nahm dann das „Drama“ der heiligen Messe seinen Lauf. Was diese Messefeier von allen anderen bisher erlebten deutlich unterscheidet, war das Erlebnis, dass alles aus einem einzigen Guss war und es keine einzige „Schwachstelle“ gab. Weder in den Texten, noch in der Musik, noch im Geschehen am Altar. Nicht nur das ziemlich archaisch wirkende Kyrie eleison, sondern auch das vielstimmige, gewaltige Heilig-Lied lösten in mir unbekannte seelische Resonanzen aus. Ungewöhnlich waren auch die im byzantinischen Stil gesungenen Fürbitten. Als zwei ganz große Höhepunkte dieses Gottesdienstes erlebte ich die von allen gesungene „Herabrufung des Geistes“, sowie den gewaltigen „Lamm-Gottes-Friedensdom“. Dieser löste nicht nur bei mir tiefe Erschütterung aus. Ich habe auch in meiner näheren Umgebung nicht wenige Menschen weinen gesehen.
Einen ganz besonderen Eindruck machte nicht nur auf mich der Zelebrant Bischofsvikar Jakob Bürgler, dem beim Gottesvolk ganz allgemein eine große Wertschätzung entgegenschlug, wie man nach dem Gottesdienst im Umkreis hören konnte. Und das wohl zu Recht. Da war einer vorn am Altar am Werk, dem man das, was er tut oder sagt, auch voll abnimmt. Der in der sogenannten „Predigt“ Worte findet, die dich unmittelbar treffen und zum Nachdenken veranlassen. Der sich auch nicht scheut, einen scheinbar nichtgläubigen Schriftsteller wie Peter Handke als Kronzeugen für die Sache „Messe“ zu zitieren! (Bei dieser Gelegenheit würde ich hier gerne deponieren, ob es nicht möglich wäre, den profunden Text dieser „Predigt“ nachträglich auf dieser Website zu veröffentlichen?)
Kein Wunder also war dann die Reaktion der tief betroffenen Gemeinde: trotz der Länge dieser mehr als anderthalben Stunden dauernden Messe herrschte in der Kirche bis zum Schluss eine hochkonzentrierte Stille und Ergriffenheit. Hier konnte man dann tatsächlich etwas von dem erahnen, worüber vorab in der Presse schon zu lesen war: was steckt wirklich in der Messe drinnen (dürfte aber inzwischen verloren gegangen sein), dass sie beinahe zweitausend Jahre von Millionen von Menschen als „Quelle des Lebens“ und „Gipfelerfahrung des Glaubens“ erlebt wurde?
Was wäre aber dieser Gottesdienst gewesen ohne den Raum, in dem diese Messe vonstattenging, die Nikolauskirche? Nicht nur ein außerordentlich schöner Raum, sondern auch ein Ort mit einer besonderen „spirituellen“ Ausstrahlung. Hier kann unter bestimmten Bedingungen Gottesbegegnung tatsächlich stattfinden.
Wer immer auch in der Pfarre St. Nikolaus dafür zuständig war, dass dieses außerordentliche Ereignis zustande kam: bitte sorgt dafür, dass soetwas nicht nur bei diesem einen Mal bleibt!
Ich kann nur für mich selbst bestätigen, was unlängst Papst Franziskus geäußert hat: Es gibt in dieser Welt einen großen eucharistischen Hunger und ihr Hirten (das seid auch ihr Pfarrgremien!) tragt die Verantwortung dafür, dass er auch gestillt wird. Wer sonst?
Diese ungewöhnliche Gottesdienstfeier gestern in St. Nikolaus hat für viele wieder ein Tor der Hoffnung weit aufgemacht: die Messe kann trotz all der vielen negativen Erfahrungen, die zur Massenflucht aus den Kirchen führen, wieder zur Quelle des Lebens und zur Höhepunkt des Glaubens werden.
Tut also alles, dass dieses Tor bei euch in St. Nikolaus weiterhin weit offen bleibt.